Tiefkühlpizza ist moralisch neutral

Was dieser Satz über die Tiefkühpizza mit psychischer Gesundheit zu tun hat, haben wir am letzten Elternbildungsabend zusammen mit der Psychologin Julia Wegmann und unserer internen Fachkraft für psychische Gesundheit und Schulsozialarbeit Noemi de Boer näher beleuchtet.
Jede Mutter und jeder Vater kennt das. Das Gefühl: “Wenn jetzt noch jemand etwas von mir will, zerreißt es mich”. Das sind dann natürlich genau die Momente, in denen das Kind die Milch verschüttet oder um 20.30 Uhr unsanft an den Kuchen erinnert, der für die Geburtstagsfeier in der Schule am nächsten Tag noch gebacken werden muss. Natürlich gluten- und laktosefrei, mit biologisch-dynamisch abbaubaren Zutaten, am besten noch mit einem Lächeln zubereitet, sonst schmeckt die Schokolade bitter.
Der Elternalltag ist gespickt mit Momenten, in denen der Tank eigentlich längst leer ist, man aber trotzdem weiterwaten muss. Und wer es nicht schafft, den plagt das schlechte Gewissen. All die perfekten Instagram-Mütter können das schließlich auch, oder?
Julia und Noemi haben uns Schritt für Schritt erklärt, was genau in unserem Körper passiert, wenn wir gestresst sind, welche Auswirkungen das hat und vor allem, wie wir uns davor schützen können, von der Cortisolflut und dem ständigen schlechten Gewissen überrollt zu werden.
Es muss nicht gleich ein zweiwöchiger Kuraufenthalt sein, um erste Schritte in Richtung Stressmanagement zu gehen. Kleine Dinge können Großes bewirken: eine bewusste Pause am Tag, ein Spaziergang an der frischen Luft oder einfach mal mit jemandem reden. Ein großer Punkt des Abends waren auch die Glaubenssätze, die man als Mutter verinnerlicht hat.
- “Ich darf nicht Nein sagen”.
- “Ich darf nie die Geduld verlieren.”
Wir alle kennen sie. Julia und Noemi nennen solche Sätze “giftige Glaubenssätze”. Statt unser Leben zu bereichern, machen sie es uns schwer. Zum Glück sind wir nicht machtlos und können diesen Glaubenssätzen etwas entgegensetzen – mit sogenannten Balsam-Sätzen.
- “Ich habe ein Recht auf persönliche Grenzen!”
- “Ich bin auch nur ein Mensch mit begrenzten Ressourcen und das ist okay!”
Probiert das doch mal diese Woche aus und schaut, was passiert! Für mich war die große Erkenntnis des Abends folgender Satz: Tiefkühlpizza ist moralisch neutral!
Aber was heißt das nun genau? Mamas (und Papas!), seid gnädig zu euch selbst! Wir können viel bessere Eltern sein, wenn es uns selbst gut geht. Kein Kind genießt das 5-Gänge-Menü, wenn die Mutter wütend und erschöpft am Tisch sitzt, es hätte viel lieber eine lachende und erholte Mama, die heute ausnahmsweise mal Tiefkühlpizza serviert hat, weil sie eine Pause brauchte. Selbst im Flugzeug wird kommuniziert, dass man erst selbst die Sauerstoffmaske aufsetzen muss, bevor man anderen helfen kann.
Wer wissen will, wie es um sein Stresslevel steht und ob es heute Abend Tiefkühlpizza gibt, kann den Stress-Check machen.
Fabienne Deden